Vermeers Malkunst

Vermeers Malkunst / 2019

für großes Orchester, Mezzosopran und Sprecher
reiht sich nach „nahe-am Wald“ als zweites Stück in meinen Gemäldezyklus ein – Musik, die nach oder mit Malerei entstanden ist. Das Orchesterstück imaginiert mit kombinierten Textfragmenten (in Latein und Deutsch) von Ovid (aus Amores) und Maria Lassnig (aus einem Zeichentrickfilm) eine angedeutete, frei erfundene Szenerie zu Vermeers Gemälde „Die Malkunst“, die sich im dargestellten Atelier zugetragen haben könnte und von einer Sängerin und einem Sprecher vorgetragen wird.
Dennoch handelt es sich um ein abstrahiertes Stück Musik ohne jegliche erzählerische Momente aber mit gewollten assoziativen malerisch-akustischen Elementen und einem Anflug von Humor. Sie hält sich nicht streng an optisch-atmosphärische Bild-Vorgaben sondern entdeckt und nützt „Fluchtwege“. Fragen wie - wie würde Malerei klingen, wäre sie Musik? – haben mich beschäftigt ebenso wie die faszinierende Geschichte des Bildes selbst… ein transformiertes Chorstück von Thomas Tallis, hier lateinisch umgetextet mit Ovid, gibt ein Fenster frei für die Musik vor Jahrhunderten vor dem sogenannten Goldenen Zeitalter, der Entstehungszeit des Bildes.
Ölfarbe - das zähflüssige Element, der Pinselstrich, im Spiel mit Licht und Schatten; Transformationen in orchestrale Farbpigmente, optisch-akustische Täuschungen.

   

nahe - am Wald

nahe - am Wald / 2017

für Mezzosopran und Kammerorchester / ensemble entstand 2017 als eine Art Nachschwingen und Weiterdenken meiner Arbeit an dem Opernprojekt „Die Wand“, man könnte also fast von einer sogenannten Opernsuite sprechen. Das Stück sollte im Klang und seiner atmosphärischen Farbe nahe dem Gesang sein und Melancholie zur Grundstimmung haben. Der Text entstammt dem Libretto von Hermann Schneider nach Marlen Haushofers Roman „Die Wand“ und ist Teil einer Traumszene bzw. einer Fiebervision mit aufregenden, bedrohlichen tierischen und menschlichen Begegnungen (hier jedoch ohne Chor).

Die Musik beginnt eher verschwommen traumartig und führt zu einem bewegten halluzinatorischen Mittelteil, der perkussiv gestaltet ist und auch kurzzeitig stilistisch ins Popartige kippt. Musikalische Raumwirkungen wie Weite, Ferne und Nähe sind bestimmend für den klanglichen Verlauf.

Die Singstimme ist nur teilweise als Solist eingesetzt, sie wird auch als farbige Erweiterung des Instrumentalklanges geführt – kommt hervor und verschwindet wieder im „Wald der Orchesterstimmen“.

Marlen Haushofers Roman und Maria Lassnigs Bilderzyklus „Landleben“ sehe ich als die nahen Verwandten und Anreger zu diesem Werk, eher zufällig bin ich auch auf ihr Bild „der Wald“ gestoßen.

Im weitesten Sinn versteht sich das Stück als eine hommage an eine Landschaft, wobei der Wald zur Projektionsfläche für Träume, Ängste und eher dunkle Vorstellungen wird.

   

DIE WAND

DIE WAND / 2016-17

Kammeroper nach Marlen Haushofers Roman „Die Wand“, Libretto: Hermann Schneider
für zwei Soli, Schauspielerin, Tänzerin, Kammerchor, Kammerorchester (ensemble) und Elektronik (2016/17).
Die außerordentliche Situation, die die oberösterreichische Autorin Marlen Haushofer in ihrem Roman Die Wand aus dem Jahr 1963 entwirft, ist das große Faszinosum, das ihrem bis heute erfolgreichsten Werk anhaftet: Eine Frau wird, als diese sich in den Bergen aufhält, völlig unvorbereitet durch eine unsichtbare Wand von der restlichen Welt abgeschnitten.
Ihr Umgang mit dieser Situation entwirft eine subtile Robinsonade, die im Sinne des fantastischen Realismus intelligent über sich hinausweist und über die innere Emigration einer Autorin erzählt, die ihr eigentliches Leben in der Literatur lebte.

Erst nach Marlen Haushofers frühem Tod gelangte durch die Frauenliteraturforschung der 1980er Jahre das Gedankenexperiment Die Wand zu vermehrter Popularität und Anerkennung seitens der Literaturkritik.

Die Idee zum abendfüllenden Opernprojekt „Die Wand“ reicht in etwa ins Jahr 2013 zurück. Ursprünglich war nicht an eine ausschließliche Verwendung dieses Romans gedacht, sondern an eine Kombination mit inhaltlich verwandten Stoffen zum Thema soziale Isolation und Gefangenschaft.
2015 kam der Opernauftrag des Linzer Musiktheaters ( für Soli, Schauspielerin, Tänzerin, Kammerchor, Kammerorchester und Elektronik) für die Saison 2018/19.
Im Zuge der Erarbeitung des Librettos durch Hermann Schneider, dem Intendanten des Landestheater Linz, kristallisierte sich dann die Konzentration auf Marlen Haushofers Roman heraus. Den Grund, warum ich mich so leidenschaftlich für diesen literarischen Stoff entschied, vermutete ich erst viel später in bestimmten biographischen Entsprechungen von Marlen Haushofer und mir.

Das Libretto beleuchtet inhaltlich bestimmte Aspekte der literarischen Vorlage, die so reich ist an interpretatorischen Sichtweisen. Fragen wie – wann wird der Mensch zum Tier und die Angst davor, zum Tier zu werden, Gefangenschaft auch als Schutzraum, Aufgabe von Widerstand als Selbstschutz und Überlebensstrategie, der Schnitt im Leben mit dem totalen Verlust von allem außer Erinnerungen…werden bestimmend für die Gestaltung.
Das fertige Libretto zeigt eine Abfolge von 15 Bildern, die in zwei Akten erklingen und durch ein instrumentales Zwischenspiel in der Mitte – eine Art zeitversetzte Ouverture, getrennt sind.

Die Protagonistin ist in je eine Sängerin (Mezzosopran), Tänzerin und Schauspielerin aufgeteilt, weiters kommt im zweiten Akt ein Mann als Bariton dazu. Ein 16-stimmiger Chor agiert als Spiegel, bringt innere Monologe und Reflexion über das Geschehen.
Die Musik gestaltet sich in erster Linie wie ein Seismograph für die Gedanken und Empfindungen der Protagonistin und bildet den Klangraum inmitten der ständig präsenten Natur. Der Mann wird beim ersten Auftritt mit einer eher sanften Musik eingeführt, wodurch die dramatische Wandlung zur späteren Aggression ermöglicht wird.
Durch ihn gewinnt die Bassregion des gesamten Orchesters im zweiten Akt an Bedeutung.
Die Schauspielerin und vor allem die Tänzerin gestalten ihren Part weitgehend nach eigenen Vorstellungen, die Art der Tanz-Bewegung ist aber in der Musik gestisch verschiedentlich der emotionalen Situation entsprechend angelegt.

Achtzehn Instrumente umfasst das Kammerorchester, E-Gitarre und ein Keyboard miteingeschlossen sowie einige dezente elektronische Zuspielungen. Meine „Hubano Arien“ und das Cembalo Konzert „Electric Psi“ sehe ich auch als ein langsames Entwickeln und Eintauchen in die klanglichen Möglichkeiten dieser Besetzung, auch in Bezug darauf, was das Verhältnis vom Instrumentalklang zur menschlichen Stimme, zum Gesang und Sprechen betrifft.
Die Musik gestaltet sich stilistisch flexibel und hält bewusst nicht nur eine musikalische Sprachebene streng durch um dem Aspekt zweier simultaner Existenzen, der Realen und einer Surrealen, jener der Gegenwart und der Erinnerung eine nachvollziehbare Gestalt zu geben. Traumartige und halluzinatorische Zustände der Protagonistin motivierten zusätzlich in diese formale Richtung. Ein kurzzeitig eingesetztes Kirchenorgelregister im Keyboard im zweiten Akt führt assoziativ zu beunruhigenden und beklemmenden Gedanken über unseren Umgang mit jenseitigen Vorstellungen und mündet in eine als Fiebervision dargestellte Szene, die ich als die kompositorisch dichteste der Oper bezeichnen kann. Die Regie von Eva-Maria Melbye brachte dort auch die Chorsänger als aktive Akteure auf die Bühne. Diese Musik wird lautstark bereits im instrumentalen Interludium vorweggenommen mit schwer arbeitenden Frauen auf der Bühne.
Obwohl jedes Bild seine eigene Klangfarbe, Bewegung, Tempo und formale Gestalt hat, ist die Oper im Gesamten durchgängig, jede Szene führt musikalisch nahtlos zur nächsten und bringt nur dort einen Abschluss oder Stille, wo Inhalt und Dramaturgie dies verlangen. Einen interessanten, abwechslungsreichen Verlauf sollte auch die unterschiedliche Abfolge von kompositorisch „fest“ und „locker“ gefügten Teilen bringen.

Dem Wunsch nach ständiger Textverständlichkeit sowohl bei den Sängern als auch bei der Schauspielerin wird kompositorisch nachgekommen in der Linienführung der Gesangsstimmen, im farbigen, transparenten musikalischen Satz und der dynamischen Ausarbeitung. Gesangsstimmen sind zumeist dem Sprechduktus nahe geführt.
Zustände von Angst, traumatische Erlebnisse, weltentfremdete Empfindungen, die kalte Glätte der Wand… all diese Emotionen musikalisch zu transportieren, das sollte eine der kompositorischen Hauptaufgaben dieses Werkes sein. Das Orchester korrespondiert in seiner Textur und Farbigkeit sowohl mit dem Klang der gesungenen Stimmen als auch mit dem Geräuschhaften der gesprochenen menschlichen Stimme und den Fassetten, die dazwischen liegen. Die ständige Präsenz der Natur, ein Leben am Grunde einer menschlichen Existenz schien mir eher nach einer tonalen Orientierung im Umgang mit dem musikalischen Material zu verlangen als nach einer allzu sehr abgehobenen „artifiziellen“ Ausrichtung. Diese ist jedoch fallweise bis zur Vierteltönigkeit und ins Clusterartige ausgeweitet.

Da als Aufführungsort der Oper ein Raum mit einer eher trockenen Akustik gewählt wurde - die „Blackbox“ des Musiktheaters - habe ich mich um eine besondere instrumentale Ausarbeitung mit einer weiten, „halligen“ räumlichen Wirkung bemüht bzw. eine derartige akustische Simulation instrumentationsmäßig und auch im musikalischen Satz mit „Mikrokanons“ geschaffen. Konkret betrifft dies ebenfalls öfters u.a. den speziellen Einsatz von Schlagzeug wie Vibraphon, Tamtam und großer Trommel.
Generell gibt es in der Handlung Zeiten für Schmerz, Aggression, Depression aber auch solche mit glücklichen und gelösten Gefühlen ja sogar Humor, aber über dem Ganzen liegt stets eine Atmosphäre von Melancholie und eine eigene Art von Geheimnis.

Es gibt keine streng lineare Entwicklung im Handlungsablauf, die Situation der Frau ändert sich jedoch enorm innerhalb der fünfzehn Szenen.
Die Gesamtdauer der Oper einschließlich der Pause beträgt in etwa zwei Stunden.

In 1963, the Austrian author Marlen Haushofer creates an extraordinary situation in her novel “Die Wand” (“The Wall”): All of a sudden, a woman finds herself completely isolated from the rest of the world while in the mountains. The border is an invisible wall. In the tradition of fantastic realism, the novel goes beyond the story. “Die Wand” is also about the inner emigration of an author who lived her real life in literature. It was only after Marlen Haushofer’s early death and through the help of research on women’s literature in the 1980s that the thought-experiment „Die Wand“ gained popularity and acceptance among literary critics.
Composer Christian Diendorfer, born 1957 and based in Vienna, was commissioned by the Landestheater Linz to write the score for “Die Wand”. In the chamber opera the protagonist´s role is divided among a singer, dancer and an actress.The opera has two parts – it lasts twice 40 minutes with an instrumental intermezzo in the center, like an ouverture, which is situated in the middle.

Libretto: Hermann Schneider – based on the „Die Wand“ by Marlene Haushofer | Musical direction: Jinie Ka | Direction: Eva-Maria Melbye | Dramaturgy :Magdalena Hoisbauer | Bruckner Orchester Linz

   

Electric Psi

Electric Psi / 2015

Das Cembalokonzert Electric Psi für E-Cembalo und Kammerorchester fügt sich als drittes und weitaus umfangreichstes Werk für den Cembaloklang logisch an die zwei zuvor komponierten Solostücke – „Psi“ und „Psi Song“.
Es erweitert noch den „stählernen“ Klang des Instruments durch die Wahl der Besetzung des Kammerorchesters, nimmt quasi als zweites dynamisches Cembalo noch eine E-Gitarre dazu und verleiht dem Soloinstrument dadurch auch die Möglichkeit eines stilistischen Spiels - sich gleichzeitig sowohl als historisches Fossil als auch als zeitgenössisches Chamäleon in den verschiedensten Ausprägungen zu zeigen. Es taucht auf und verschwindet wieder, bestimmt den Fortgang, gibt Impulse für das ganze farbige, virtuose und formale Geschehen, das ins Unterhaltsame ebenso wie ins Tiefsinnige führt.
Vieles in Electric Psi spielt mit „rockigen“ Elementen, die elektrische Verstärkung regt zusätzlich dazu an, sie war von Anfang an die Voraussetzung für die angestrebte Klangwirkung – und so kann es passieren, dass eine Harley Davidson vor dem geistigem Auge erscheint, mit glänzendem Chrom und Lack, wenn man das Stück mit geschlossenen Augen hört.

   

Flashback I-V

Flashback I-V / 2014

ist als mehrsätziges a capella Chorwerk konzipiert mit teilweise kombinierten Texten bzw. Sätzen verschiedenster Schriftsteller und Künstler in deutsch und englisch, gedanklich kreisend um die Themen : Traum - Imagination, Liebe, Nähe - Abschied – Erinnerung.
Die Texte stammen aus Werken von Gottfried Benn, Jenny Holzer, Abbas Kiarostami, T.S.Eliot, W.H. Auden, B. Brecht, W.A. Mozart.

Wenn man die Stücke inhaltlich von ihrer Zusammenstellung her charakterisieren möchte, so kann man zwei Liebeslieder, zwei „humorige“ und ein kombiniertes, melancholisches erkennen.

   

Xhosa

Xhosa für Violoncello und Klavier / 2014

Der Komponierbeginn an Xhosa fällt in die Zeit des Abschieds von Nelson Mandela – dieses Ereignis war der Auslöser für den Wunsch in irgendeiner Form mit diesem Stück darauf zu reagieren – kein politisch engagiertes Stück im direkten Sinn aber doch eine Geste tiefen Respekts und Bewunderung für ein unvergleichlich außerordentliches Leben für Freiheit und Gerechtigkeit.

Generell hat mich wie in meinen anderen Duos für ein Soloinstrument und Klavier das Spiel mit Farben und Gesten im Austausch und Dialog beider Instrumente interessiert. Die Musik sollte auch einiges vom Reichtum menschlicher Emotionen in sich tragen, dabei war ich auch motiviert, ob nun erkennbar oder nicht, transformierte afrikanische Klänge und rhythmische Momente zu entwickeln - also kein still versenktes Erinnern, sondern eine musikalisch kontrastreiche Begegnung mit einem Kontinent, der im allgemeinen für das zeitgenössische Metier eher selten Beachtetes - Fremdes darstellt.

Artikulationen der afrikanischen Sprache Xhosa, eine für uns kaum realisierbare Zungenakrobatik mit ganz eigener Färbung, akustisch in das Stück in kurzen Passagen instrumental einzuarbeiten war ebenfalls Teil einer gestalterischen Idee, ebenso wie prägende Hörerfahrungen aus dem elektronischen Klang-Bereich.

Die Art und Weise wie die Aura eines anderen Menschen in der Arbeit an einem Musikstück mitschwingt, als Energie- und Ideenlieferant, ist nicht genau bestimmbar und sollte auch in dieser Unbestimmbarkeit verbleiben, sie hat aber bewusst oder unbewusst in diesem Fall den Dialog zwischen den beiden Instrumenten gestaltet, die sich als kommunizierende Partner auf einer Ebene verstehen.

   

Hubano Arien

Hubano Arien / 2011

sind ein fünfteiliger Zyklus und setzen den ersten Teil meiner Herbeck-Lieder „…ist eine spielerische Art bei Nacht” fort – die beiden Zyklen können hintereinander oder auch einzeln aufgeführt werden.
„Wörter – Wohlbefinden“, das erste umfangreichste der fünf „Arien“ kombiniert den Text zweier Gedichte, wodurch das Groteske der Aussage noch gesteigert wird - Sinnhaftigkeit generell in Frage gestellt wird. Die ausgewählten Namen, aus denen das Gedicht fast zur Gänze besteht, reale und erfundene, werden emotional aufgeladen oder zerstückelt, ineinander verschachtelt und auch mit Koloraturen versehen, vorgetragen. Der Instrumentalklang imitiert oft die Artikulation des Gesanges, spricht bzw. singt selbst den Text, der eigentlich für den Sänger bestimmt ist.
„Die Sonne“ beginnt idyllisch, wie ein vertrauter Song, entfernt sich immer mehr davon, steigt hoch und taucht schließlich ein in einen flirrenden „Licht-Klang“ gegen Ende des Stückes. „Der Aufruhr“ ist die „Luftmusik“ des Zyklus und „Kanarienvogel“ die virtuose „Zwitschermusik“ mit eingefügten Singübungen (für einen Vogel). Die Hubano Arien verabschieden sich ähnlich wie sie begonnen haben mit „Guten Abend“, einer variierten Version des allerersten Liedes von ".ist eine spielerische Art bei Nacht".
Etwas von der schillernden Seelenlandschaft des schizophrenen Dichters Ernst Herbeck, die Gleichzeitigkeit von Humor und Leid, von einer kindlichen Bilderwelt und einer reifen Lebenserfahrung sollte dann auch im Klang meiner Musik - in den Arien - zu finden sein.

   

Leave A Message

Leave A Message für Violine und Klavier / 2011

fügt sich logisch in die Reihe meiner Werke für ein Soloinstrument mit Klavier ein, was die klangliche und farbige Ausbalancierung der beiden Instrumente und deren Gewichtung zueinender betrifft. Die beiden Spieler sind Partner auf einer Ebene, die sich „die Bälle zuschießen“, das meint, die einen Gesamtklang kreieren ohne die Rollenverteilung - Solist und Begleiter.

Die Grundidee war ein repetierter Akkordklang, der dynamisch stark schattiert von einem Instrument zum anderen wandert und auf diesem Weg seine vielfachen Veränderungen erfährt und so das Stück weitertreibt. Kann sein, dass diese Art der musikalischen Gestaltung aus meiner früheren intensiven Beschäftigung mit elektronischer Musik herrührt, bei der generell das Ein- und Ausblenden von Klängen eine wichtige Rolle spielt wie auch die Schaffung einer bestimmten Raumwirkung - hier ermöglicht durch die hallreichen Resonanzklänge im Klavier.
Die musikalischen Situationen die entstehen, kehren manchmal wieder wie ein Spiel auf simultanen Schauplätzen, manchmal kippt die Musik beinahe hämmernd in pop-artige Bereiche dann bekommt sie auch wieder virtuosen geigerischen Glanz, flüsternde Momente und dramatische Wendungen.
Obwohl der Titel des Stückes wie auch das Stück selbst „reine Phantasie“ sind, so geht der
Gedanke, gerade diese Phrase als Werktitel zu verwenden, doch auf ein reales, tatsächliches Mailbox-Erlebnis zurück.
Leave a Message entstand im Sommer 2010 auf Anregung von Doris und Karin Adam.

   

...ist eine spielerische Art bei Nacht

Lieder nach Texten von Ernst Herbeck und Arnold Schmidt
für Männerstimme und Ensemble / 2007

Der Liederzyklus „…ist eine spielerische Art bei Nacht” entstand nach Texten des Schriftstellers Ernst Herbeck (1920 - 1991) und des Malers Arnold Schmidt (*1959).

Beide zählen zu den „Gugginger Künstlern” - Ernst Herbeck, von dem ich 8 Gedichte ausgewählt habe, war 45 Jahre lang Patient der niederösterreichischen Landesnervenklinik Gugging – es handelt sich also um „art brut” – Dichtung, die ich hier zu einem Liederzyklus zusammengestellt habe.

Manche dieser Texte sind in der Vertonung sehr „roh” belassen, folgen dem Sprachduktus, manche sind auf eine atmosphärische Ebene gehoben oder auch dekonstruiert – auseinandergenommen, in sprachliche Bestandteile zerlegt und neu zusammengesetzt, ein Volksliedzitat transformiert einen Textinhalt.

Mit einem farbigen, oft sehr transparenten Instrumentalklang versucht die Musik der originären, poetischen Schönheit der Dichtung und ihrer sehr eigenen Weltsicht auf einer Ebene zu begegnen und sie wird wohl auch, ebenso wie die Gedichte, etwas von einer Empfindung – außerhalb der Zeit zu stehen – verbreiten.

   

SLEEP AND SEE

Ensemble, Sprechstimme, Elektronik / 2000

SLEEP AND SEE verwendet Ausschnitte der beiden Textserien „Living” und „Survival” von Jenny Holzer. Nicht bei der ersten Begegnung, aber nach mehrmaligem Durchgehen ihrer Texte stellte sich bei mir jenes Empfinden ein, das, noch immer andauernd, ich annähernd beschreiben kann mit - das sind die Sätze, auf die ich immer gewartet habe. Durch sie habe ich im wahrsten Sinne des Wortes hautnah erfahren, dass sie wie Triebwerke funktionieren können, wenn die Identifikation mit ihnen groß ist.

Die ausgewählten Sätze verstehen sich auch in der produktiven Art des Schreibens, als ein Ankämpfen gegen die Angst und wurden im Rahmen von Kunstinstallationen mit elektronischer Leuchtreklameschrift, unpersönlich und kalt ihrem Inhalt gänzlich widersprechend, gezeigt. Die assoziative Nähe zu reklame-ähnlichen Aussagen unseres Konsum- und Kommerzbereiches motivierte auch den musikalischen Unterton, der sich auf adäquate Sprachebenen begibt.

So wie Inhalt und Emotionen in manchen Sätzen blitzartig in verschiedene Richtungen zu zucken scheinen, finden sich auch in meiner Musik eine Art Auseinanderkippen und Bruchlinien zum Prinzip erklärt, was sich u. a. in Verstimmungen von diatonischen Harmonien bemerkbar macht.
Die Gleichzeitigkeit und das Aufeinandertreffen von banalem, abstoßendem und anziehendem, von grellem, brutalem und zärtlichem auf engstem Raum zog auch Auswirkungen auf die musikalische Gestik nach sich, die oft aus dem Sprechklang erfunden und transformiert wurde.

An bestimmten Stellen entwickelt der Ensembleklang eine Simulation des Sprechens oder bereitet die farbliche Eigenheit der menschlichen Stimme in einer Art vor, dass diese bei ihrem Einsatz manchmal wie eine vorbereitete Auflösung empfunden werden kann.

Die vorliegende Musik, die als Auftragswerk des ORF entstand, versteht sich als erster Teil eines mehrteilig geplanten Zyklus, der auch eine szenische Umsetzung auf einer Bühne mit multimedialer Ausrichtung und mehreren Akteuren erfahren kann. In dieser soll dann auch der betrachteten Sprache - der Schrift, Raum für eine Darstellung gegeben werden und der Musik eine mehr distanzierte, abstrahierte Ebene.

©Jenny Holzer aus „Living” und „Survival”

GO WHERE PEOPLE SLEEP AND SEE IF THEY ARE SAFE.

IT,S AN EXTRAORDINARY FEELING WHEN PARTS OF YOUR BODY ARE TOUCHED FOR THE FIRST TIME. I´M THINKING OF THE SENSATIONES FROM SEX AND SURGERY.

IT TAKES A WHILE BEFORE YOU CAN STEP OVER INERT BODIES AND GO AHEAD WHAT YOU WERE TRYING TO DO.

HANDS ON YOUR BREAST CAN KEEP YOUR HEART BEATING.

BODIES LIE IN THE BRIGHT GRASS AND SOME ARE MURDERED AND SOME ARE PICNICKING.

SILLY HOLES IN PEOPLE ARE FOR BREEDING OR FROM SHOOTING.

WITH BLEEDING INSIDE THE HEAD THERE IS A METALLIC TASTE AT THE BACK OF THE THROAT.

PROTECT ME FROM WHAT I WANT.

HAVING TWO OR THREE PEOPLE IN LOVE WITH YOU IS LIKE MONEY IN THE BANK.

LET YOUR HAND WANDER ON FLESH TO MAKE POSSIBILITY MULTIPLY.

© Jenny Holzer, „Courtesy of Jenny Holzer and Cheim & Read Gallery”

   

ENDING

Ensemble, Sprechstimme, Elektronik / 2001

ENDING ist aus der Vorstellung einer inneren und äußeren Klanglandschaft entwickelt gemäß dem verwendeten Satz von Jenny Holzer „EVEN WITH YOUR EYES CLOSED YOU CAN SEE SOMEONE APPROACHING. HIS SHADOW SHOWS ON THE INSIDES OF YOUR EYELIDS”.
Inneres Hören, das sich versteht als imaginierte, bewegt abgebildete bzw. ins akustische übersetzte Gestalten von Lichteindrücken - „auf der Innenseite deiner Augenlider” - kompositorisch auch repräsentiert durch die Gegenüberstellung und Gleichzeitigkeit von synthetischen bzw. elektronischen und akustischen Klangcharakteren.

Zwei Sätze - der bereits oben zitierte und „YOUR MODERN FACE SCANS THE SUREPRISE ENDING” - von Jenny Holzer sind der Lieferant des sprachlich – stimmlichen Spektrums, vorgetragen von einer Frauen-Sprechstimme, die größtenteils nur verhaucht eingesetzt wird. Dies verstärkt die Intimität des Textes sowie des gesamten Stückes, das sich dadurch auch vom Partnerstück „SLEEP AND SEE” farblich absetzt.

Die Substanz von Ending findet sich vor allem im Bereich des Harmonischen resultierend aus Höreindrücken, die sich am Rande dessen befinden, was man allgemein noch als musikalisch-akustisches Ereignis bezeichnen kann, wie etwa der Klang von fahrenden Motorrädern.

So könnte man auch fast eine Klangästhetik der Straße finden, die als Gestaltungselement für ein poetisch gemeintes Klangbild bestimmend war - als Schattenbild - Schattenklang und als „überraschendes Ende” am Beginn des Werkes „SLEEP AND SEE”.

   

weit fort

weit fort, 7 Spieler / 2000

weit fort geht aus vom zweiten Satz meines Streichquartetts „setzt fort”, das einige Jahre zuvor (1993) entstanden ist und das quasi als „Trägersubstanz” fungiert - somit integriert „weit fort” auch einige Aspekte der Veränderung einer musikalischen Sprache in einem Zeitraum von mehreren Jahren.

Aus meiner Sicht ist das Werk im Vergleich innerhalb meiner eigenen Musik eher eine Art Ausnahmestück, nicht nur weil es ein bereits vorhandenes wiederaufnimmt, sondern auch was die Entscheidung für eine bestimmte harmonische Struktur und deren Manipulation mit ihrem einheitlichen bisweilen formelhaften Prozess betrifft.

Dieser wird in einzelnen nach- und ineinander gefächerten Einzelschritten gestaltet - Einzelschritte, wie kürzeste fotographische Blendenöffnungen, die minimale Zeitausschnitte für Klangansätze wahrnehmbar machen, eingebettet in ein System aus Accelerandi und Ritardandi, das die Ensemblestimmen asynchron spaltet und wieder vereint.

Durch Montagen bzw. Demontagen kippt das anfänglich sehr ruhige „Nachtstück” mit seinen zärtlichen bisweilen melancholischen Gesten in eine Art Amoklauf, wobei sich die Musik sehr kontrolliert durch die Änderung ihrer Klangsubstanz selbst verliert bzw. vergisst und schließlich weit fort von ihrem Ausgangspunkt zu Ende kommt.

   

Double

Double, Großes Orchester, Elektronikzuspielung / 1999

Double für großes Orchester (1999) setzt sich im weitesten Sinne mit unserer kommerziellen, radiophonen bzw. TV-Umwelt auseinander und versteht sich somit als eine Art Spiegel bzw. Fingerabdruck unserer akustisch medialen Präsenz. Es integriert die gesprochene menschliche Stimme, kurze Textpassagen und elektronische (Werbe)-Jingles wie „fremde Implantate“, die angenommen und abgestoßen werden und als Sprungbrett für verschiedene musikalische Transformationen dienen.Im wesentlichen formen drei Elemente das Werk: der elektronische Klang, der Klang der gesprochenen menschlichen Stimme und der orchestrale Instrumentalklang, der sich an den beiden anderen orientiert.
Die kurzen Textmontagen sind einem Sprachkurs entnommen und befinden sich auf verschiedenen Ebenen von Verständlichkeit.

Durch das ganze Stück zieht sich der Gedanke des „Klang-doubelns” - der Orchesterklang versucht sich zeitweise als Elektronikklang zu maskieren oder als Stimmenimitator und begibt sich auch formal in die Nähe unseres unruhigen Medien-Konsums mit häufigem Programmwechsel.

Somit entstehen wohl auch mehrere Lesarten des Stückes und eine vielleicht eigene poetische Ebene von Fragen ohne Antworten.

   

Solarplex

Solarplex, 15 Streicher / 1998

Solarplex: „Die Zunge macht drei Sprünge den Gaumen hinab und tippt bei Drei gegen die Zähne. Lo.Li.Ta.” (Vladimir Nabokov)

Das Werk besitzt als Kern oder Ausgangspunkt den Klang eines gesprochenen Wortes - „Solarplex”- ein Kunstwort, das aus der lateinischen bzw. medizinischen Bezeichnung des menschlichen Nervenzentrums im Bauchraum, genannt „Sonnengeflecht”, abgeleitet ist.

Wie schon einige meiner vorangegangenen Stücke versucht auch dieses phasenweise in den gesprochenen Klang der menschlichen Stimme zu schlüpfen und daraus Material für verschiedenste musikalische Zustände zu gewinnen.

Ähnlich wie Nabokov in „Lolita” detailliert die Bewegung der Zunge bei der Aussprache eines Namens beschreibt, habe ich körperliche Bewegungen - eben Artikulationsbewegungen der Zunge, Mundbewegungen und deren geräuschhafte Äußerungen genau betrachtet und daraus Transformationen für den Streicher-Klangkörper entwickelt, wobei sich das Ergebnis auch fallweise Bereichen von tierischen und ihnen verwandten Lauten nähern kann. Entstanden ist so ein körperhafter Klang, einer zum Greifen, der auch hin und wieder zu flirren und schillern beginnt wie ein „Geflecht aus Sonnen”.

Manches in diesem Stück nähert sich sowohl vom musikalischen Satz als auch von der Farbigkeit und der rhythmisch periodischen Gestik, skandierenden Sprechchören. Folglich hat sich der Streicherklang streckenweise durch die Annäherung an das Geräuschhafte der gesprochenen menschlichen Stimme auch dem eines Schlagzeugapparates genähert, denn die menschliche Mundhöhle kann ein solcher sein, wenn auch in Miniaturausführung und erst einen Stock tiefer befindet sich das Fundament für den Gesang.

   

Trafo

Trafo, 9 Spieler / 1997

Trafo - ein „Umspannwerk” - transformiert das rhythmische „Funk”-Modell eines Keyboards und gewinnt daraus klangliche, rhythmische und gestische Elemente, die, auf die Spitze getrieben, die Glätte von synthetischen Klängen, Schwingungen im Obertonraum, kratzige, scharfe Perkussion und gestische Überzeichnungen erreichen. Mit diesen aus dem Bereich der Popmusik stammenden Spielweisen setzt sich das Stück auseinander, wobei es einen kommerziellen Elektroniksound, der auch kurzzeitig von einem Kassettenrecorder ansatzweise zugespielt wird, als Ausgangspunkt nimmt.

Abgesehen von den rhythmischen Eigenheiten des Funk-Modells hat mich vor allem dessen Art der klanglichen Artikulation interessiert, die sich oft in kurzen, gestoppten und klanglich fast „erstickten” Akzenten äußert.

Gebrochen in seiner Motorik steht „Trafo” wie ein isoliertes Klanggebäude in einer Landschaft, vibriert, summt, spricht mit sich selbst und rätselt über den eigenen Tonfall.

   

Mix - Dur

Mix – Dur, 3 Flöten / 1996/97

Mix – Dur: Die sieben Stücke des Trios „Mix-Dur” sind mit pädagogischer Absicht konzipiert und versuchen mit sehr einfachen Mitteln und einer bewusst offenen Haltung gegenüber stilistischen Einflüssen und Materialauswahl musikalische Miniaturen zu entwerfen, die „Klangbilder” mit Atmosphäre entstehen lassen.

Ihre Wirkung erreichen sie mit unterschiedlichen kompositorischen Techniken, welche die drei Instrumente in ein jeweils anderes Verhältnis zueinander setzen, wobei ich auch auf eine bestimmte Verteilung des spieltechnischen Schwierigkeitsgrades geachtet habe.

Vielleicht kann mancher junge Flötenspieler hier musikalische Gedanken entdecken, die er selbst schon erahnt hat und die er in diesen Stücken nun ausformuliert wieder findet.

   

Souffleusen

Souffleusen, Kammerensemble / 1996

Souffleusen artikuliert sich mit einem teilweise aus dem Klang der Sprache bzw. der menschlichen Stimme entwickelten musikalischen Vokabular.

Es entwirft rhetorische Situationen, indem die Artikulation gleichsam aus dem Mund nach außen in das Ensemblespiel gelegt wird und so ein Tonfall entstehen kann, der von intimen Geflüster bis zu skandierten Sprechparolen reicht.

Ein Satz, der in diesem Zusammenhang Begleiter und Auslöser für viele Gedanken
war, stammt von Ludwig Wittgenstein und lautet: „Wie wäre es, wenn Menschen nie das Wort fänden, das ihnen auf der Zunge liegt?”

Neben der generellen Nähe zum Klang der menschlichen Stimme spielen dem Meer-Rauschen abgelauschte Wellenstrukturen eine gewisse Rolle. Periodisch
wiederkehrende Modelle in Überlagerungen bringen farbige Ströme von geflüsterten Lauten als ob ein Ohr am menschlichen Kehlkopf läge und dort akustische Signale empfänge. Weiters versucht das Stück auch in bestimmten Situationen den Eindruck von räumlicher Geschwindigkeit zu integrieren.

   

Schraffur

Schraffur, Ensemble / 1995

Schraffur entwirft sein rhythmisches Konzept aus dem Gestus des Fallens und mehrmaligen Aufschlagens, wodurch auch die Berührungen mit Klängen bestimmt werden. Kleine und kleinste zeitliche Verschiebungen der akustischen Ereignisse bewirken „Schwebungen” in der Vertikale, die das Stück auch in seiner Farbigkeit prägen.

Harmonische Schleifen und kreisende Modelle, oft in zeitlicher Dehnung oder Raffung, treiben Vorgänge weiter und finden in Übertreibungen zu extremen Gebärden, die „riskante” Situationen provozieren.

Auf den Wegen vom Geräusch zum Ton, vom Metrischen zum Fließen in engen und weiten Räumen entsteht die Gestalt, die farbig flimmert und pendelnd zwischen Zeichnen und Malen ihr Bild vom Ganzen findet.

Die hier vorliegende, mit zwei elektronischen Einschüben ergänzte Fassung „Schraffur II” wurde als eine Art Tanz- bzw. Bewegungsperformance konzipiert. Die elektronischen Abschnitte verstärken die assoziative Nähe zu körperlicher Aktivität und des damit verbundenen Körperklanges wie aufgeregtes Atmen und stimmliche Äußerungen, die Bewegungsvorgänge motivieren und gleichzeitig das Stück selbst streckenweise kommentieren. Das Werk Schraffur wurde im Auftrag des Ensembles XX. Jahrhundert geschrieben.

   

Hahnentritt II

Hahnentritt II, 2 Gitarren / 1995

Hahnentritt II: Mit dem gegenseitigen Austausch von Lauten und Silben spielt das Gitarrenduo "Hahnentritt II". Diese Art des Musizierens mit Klanggebärden wird ganz aus dem Instrument heraus erfunden und realisiert mit gezupften, geschlagenen, gestrichenen und geriebenen Saiten.

Ein voyeuristisches Ohr auf der Suche nach einem ganz bestimmten gitarrespezifischen Material versucht tief vorzudringen und so im Entdecken und Auswählen den Klang zu präzisieren.

Der verschiedenartige Einsatz der Metallringe (Bottleneck) bringt diese breite Palette an farbigen Möglichkeiten – viele Facetten vom Ton bis zum Geräusch, einen weiten obertonreichen Ambitus, mikrotonal und Momente mit dramatischen Wirkungen.

Das Stück entstand im Sommer 1995 unter dem anregenden Eindruck und im Auftrag von Barbara Romen und Gunter Schneider.

   

Alleen

Alleen, Ensemble, Elektronikzuspielung / 1994

Alleen wurde wie viele meiner früheren Stücke u.a. auch von optischen Eindrücken angeregt, die aber dennoch gänzlich nach musikalischen Kriterien weitergedacht wurden und vielfältig assimiliert in den Komponierprozess Eingang fanden.

Mit einer Art „zeitlichen Schraffur” zeichnet das Stück eine sehr strenge und klare Gestalt. In einem teilweise mehrschichtigen, rhythmischen Korsett aus accelerierenden und ritardierenden Akkordrepetitionen können sich klangliche Senkrechte, Waagrechte und Schräge bilden, welche die Illusion von „akustischen Alleen” mit perspektivischer Raumdarstellung vortäuschen.

Manchmal wird ein Fenster für einen Durchblick in einen elektronischen Klang freigegeben, der ins Innere des Instrumentalklanges bzw. in einen Körperklang wie Keuchen oder andere stimmliche Äußerungen führt.

Die durch ständigen Tonaustausch zwischen den Instrumenten simulierten Drehungen der Akkordblöcke werden dann abgebrochen, klingen weich und heiser oder schmelzen weg, wenn sie zum Ausgangspunkt für sprech- bzw. stimmähnliche Klangsituationen werden.

Die gesamte Form des Stückes wird im homophonen Geschehen entworfen und von ihrer vibrierenden Gleichzeitigkeit mit sehr konzentrierten Mitteln getragen.

   

setzt fort

setzt fort, Streichquartett / 1993

setzt fort besteht aus drei sehr unterschiedlich konzipierten Sätzen, von denen der erste ein in sich sehr kontrast- und aktionsreicher ist, mit kleinen mechanischen Mustern als Abfolge von „Miniprozessen“ gebaut.

Der zweite Satz ist ein ruhiger, mit einzelnen nach- und ineinander gefächerten harmonischen Einzelschritten gestalteter „Musik- Fluss” – Einzelschritte, wie kürzeste fotographische Blendenöffnungen als minimale Zeitausschnitte für Klangansätze wahrnehmbar, eingebettet in ein System aus Accelerandi und Ritardandi, das die Quartettstimmen asynchron spaltet und eint.

Zuletzt steht ein sehr strenger, mit Materialreduktion gearbeiteter und vor allem durch Klangmanipulationen gestalteter Schlusssatz, der Akkorde und Intervalle zwischen den Spielern quasi räumlich „zentrifugiert”.

   

Hahnentritt I

Hahnentritt I, Gitarre solo / 1993

Hahnentritt I entwirft sein Klangmuster im vierteltönigen, vorsichtigen Herantasten mit flächigen, schillernden Abschnitten in fließender Bewegung. Variativ wiederkehrende Modelle unterbrechen und betrachten einzelne Klangzustände.

In der speziellen Saitenstimmung und deren Erregung im gesamten Längenverlauf, in der Synchronität mehrerer Spielaktionen und in den Schnitten, die Entwicklungen abbrechen und verändern, entsteht die Atmosphäre in der das spielerische Gespräch geführt wird und die Stimme des Instrumentes ihr jeweiliges Timbre findet.

   

Metal Air

Metal Air, Blechbläserquintett / 1992

Metal Air: Die einsätzige Form von Metal Air zeigt viele, fast widersprüchliche Gestalten, als ob das Stück aus sich selbst auszubrechen versuchte und in „doppelbödigen” Strukturen mit Verkippung und Verdrehung von Achsen und Periodizitäten sich selbst verlierend aus dem eigenen Rahmen zu fallen drohte.

Obwohl gestisch oft beinahe roh und wie ein Monster, bleibt es formal in seinen Veränderungen subtil und setzt sich auf einer so genannten „feeling-Ebene” auch „schwarzen” Einflüssen aus.

So passieren die musikalischen Stationen in bisweilen schneller Montage; unruhig und nervös, beruhigt und gehetzt strömt Luft durch Metall.

   

Xatz

Xatz, Saxophonquartett, Solo-Altsax., Elektronik / 1991

Xatz baut die unsichere Geräusch-Ton-Färbung des ersten Satzes von „an-satz-weise” unter Verwendung elektronischer Klangerzeuger weiter aus.

Der Klang des Saxophonquartettes mit seiner elektronischen Überhöhung markiert vage einen räumlichen und harmonischen Bezirk, in dem sich bei einer Live-Realisierung unter Verwendung von computergesteuertem Panoramawechsel das Signal eines Solo-Saxophons bewegt.

   

an-satz-weise

an-satz-weise, Saxophonquartett / 1991

an-satz-weise - Bezeichnung für den Beginn eines Klanges oder für Gedanken, die sich noch als auf dem Weg befindlich betrachten – vibriert und tremoliert im 1. Satz des Quartetts in Flüsterbereichen.

Der brüchige, unsichere Klang der Saxophon-Stimmen durchwandert Facetten der „Heiserkeit” bis zu tonlosen Hauchen.

Im Gestus des Atmens und Flügelschlagens breitet sich ein im piano schillerndes, harmonisches Klangband mit komplexen Intervallkombinationen aus.

In zunächst scheinbar konventioneller Tonsatzmanier berührt der zweite Satz dennoch emotionale und formale Grenzbereiche, liquidiert sich selbst und bleibt weit gehend linear. Er versucht Spannung und Überraschung in den Begrenzungen des Dur- moll- Raumes zu finden und innerhalb dieser nochmals die Qualität eines Abenteuers freizulegen.

Als eine Art akustische Comics-Geschichte entwickelt der dritte Satz im filmischen Schnitt-Montage-Verfahren eine abstrakte Bilder- und Musterabfolge; teilweise schrill teilweise subtil.

   

Metal Clips

Metal Clips, Blechbläserquintett / 1990

Metal Clips: Alle vier Stücke in Metal Clips stehen zueinander kontrastierend und sind „musikclipartig” in ihrer kompakten, kurzen Form und der Präzision ihrer charakterlichen Eigenart. Rhythmisch pointiert, mit einfacher transparenter Satzstruktur, erreichen das erste und das vierte Stück ihre leicht pervertierte populäre Wirkung durch gelegentliches Abgleiten ins rhythmisch phasenverschobene Ein- und Ausblenden rhythmischer Schichten, Akzentverschiebungen und harmonische Rückungen.

Manipulationen also, die ihrem Wesen nach eher elektronischer Herkunft sind und sich im Laufe der beiden Stücke gleichzeitig als „Stückzerstörer” und „Erneuerer” entpuppen. Sie rahmen zwei ruhige Sätze ein, die vor allem klanglich das feine, zarte Detail suchen.

   

Tell Plurabelle

Tell Plurabelle, Computermusik / 1987

Tell Plurabelle, am elektronischen Instituts der technischen Universität Berlin entstanden, verwendet die Schlussworte aus „Anna Livia Plurabelle” („Night night! Telmetale of stem or stone”) von James Joyce als Ausgangsmaterial.

Stimuliert von der Radikalität und ungebrochenen Kraft der musikalischen Sprachbehandlung des gesamten Joyce-Textes, entfaltet dieses Stück seine asketisch und roh gehaltene „Klangrede” aus zum Teil mikroskopisch kleinen Bruchteilen von Silben und Lautäußerungen, die nach einer festgelegten Partitur programmiert wurden und so musterartig zu kreisen, zu taumeln und zu explodieren beginnen.

Bei einer Live-Performance wird die hier vorliegende Tonbandversion noch durch Aktionen in und am Klavier ergänzt.

   

Vier Figuren

Vier Figuren, Klavier / 1982

Vier Figuren, entstand als erster, früher Klavierzyklus in der Absicht für jedes der vier Stücke ein eigenes, spezifisches Klangbild zu entwerfen, das ausschließlich mit den farbigen Eigenheiten dieses Instruments zu realisieren ist, wobei es keine prinzipielle Abgrenzung von historischen Anklängen gibt, sondern vielmehr ein sehr präzises Spiel mit diesen. Seine originäre Stärke sucht der Zyklus im Fokusieren ganz bestimmter musikalischer Aspekte, die sich dann jeweils in einer anders gestalteten kompositorischen Substanz äußern.

Unschwer zu erkennen ist dies beispielsweise in Stück II, in dem eine Tremolospielfigur - an und für sich eine spieltechnische „Nebensache” - zu einer formalen "Hauptsache" erklärt wird und den Großteil dieses Stückes dominiert. Spielt bei manchen die Melodik in Kombination mit rhythmischer Motorik eine tragende Rolle, so tritt sie auch in Figur III als sehr subtil und fein gestaltetes Filigran-Element auf oder wie in Figur I tänzerisch mit Resonanzklängen.

so kurz und prägnant die einzelnen Stücke auch gehalten sind, so groß und weit ist der musikalische Horizont, der mit ihnen abgegangen wird und vom Spieler, der sich durch den gesamten Zyklus bewegt, sehr flexibel gestaltete Hingabe verlangt.